Januar 2016

Hallo Ihr Lieben,
schon wieder ein Jahr älter und dieses Mal spür ich es auch ein bisschen mehr als bisher. 61 Jahre machen sich doch bemerkbar - die Knochen schmerzen immer öfter, der Boden ist manchmal unendlich weit weg, wenn man sich bücken soll, und statt grosser neuer Pläne geistern mir immer öfter verschiedene Ideen durch den Kopf, wie es denn nun weitergehen soll mit dem Mas Blanc und all den Vierbeinern, wenn der Kopf zwar noch möchte, der Körper aber immer öfter sagt, dass es zu viel wird.

Im Mas Blanc ging wieder ein Jahr zu Ende, in dem uns unsere lieben Gäste ganz schön auf Trab gehalten haben. Von Mitte März bis Ende Oktober war das Haus meist voll bis zum letzten Platz am Tisch. Alte Freunde, neue Gäste, Stierkampf-Aficionados, Pferdeflüsterer, Flamingo-Fans und Provence-Freunde, die mehr an Märkten, schönen Dörfern und herrlicher Natur interessiert sind - jeder hat hoffentlich seine Wunschferien im Mas Blanc gefunden. Ganz gemütlich im Liegestuhl im Garten oder von morgens bis abends auf dem Pferd, dem Fahrrad, am Meer oder sonst irgendwie unterwegs - nur Fernsehen gibt es immer noch keines und auch der Internet-Zugang ist nur im Garten möglich und südfranzösich langsam oder ´en panne´. Und am Abend am grossen Tisch bei Wein und provencalischer Küche fehlt es dann auch nie an spannenden Themen.

Im Juni waren wieder Therapie-Wochen mit behinderten Kindern und Erwachsenen aus Vorarlberg angesagt. Seit 23 Jahren finden diese Wochen jetzt schon statt und aus den kleinen Kindern sind inzwischen Erwachsene geworden. Schön, dass Therapeuten, Eltern und die Teilnehmer immer noch mit so viel Begeisterung mitmachen - und das grosse Konzert mit den Gipsy-Kings in der Arena in Arles werden alle, die dabei sein konnten, bestimmt auch nicht so schnell vergessen. Für dieses Jahr sind sogar vier Therapie-Wochen im Juni und September eingeplant - wir freuen uns schon darauf.
Ende Juli dann ein schrecklicher Unfall. Meine Vorarlberger Freundin Ilse, die nach ihrer Pensionierung eine kleine Auszeit in der Camargue machen wollte, stürzt bei der Rückkehr vom Tagesritt vom Pferd. Nachdem die Reiter die Schleusenbrücke zu Fuss überquert haben, wollen sie für die letzten 500 m wieder aufs Pferd steigen. Ilse bleibt mit dem Fuss auf dem Pferderücken hängen, das Pferd erschreckt und springt nach vorn und die Reiterin stürzt übers Pferd in einen kleinen Graben und ist sofort tot. Ein Sturz, wie er immer wieder vorkommen kann - und dann…
Ich denke immer noch sehr viel an Ilse, wie sie sich über ihre Zeit hier in Südfrankreich freute, wie glücklich sie auf dem Pferderücken war, und mir ist jetzt noch viel mehr bewusst, wie schnell aus einem kleinen Unfall ein schreckliches Unglück werden kann.
Unsere Gäste wollten aber nicht abreisen, die Reiter, die beim Unfall dabei waren, wollten am nächsten Tag wieder aufs Pferd. Vielleicht kann man so den Schrecken wirklich am besten verarbeiten. Wenn ich an diese Wochen zurückdenke, habe ich das Gefühl, ich habe wie hinter einer dicken Glaswand einfach weiterfunktioniert. Viele schlaflose Nächte, aber auch ganz viele gute Gespräche mit Gästen und Freunden - und dann war schon wieder Ende Oktober, Saisonende, und für Zwei- und Vierbeiner im Mas Blanc waren Ferien angesagt. Die Pferde freuten sich an ungestörten Tagen auf der Weide und ich reiste nach Rajasthan in Nordindien. Für mich eines der schönsten Gebiete der Welt, das ich dieses Mal zur Abwechslung ganz gemütlich mit einer kleinen Gruppe im Reisebus besuchte. Kein Trekking, keine Pferde-Tour wie vor 20 und 12 Jahren, aber immer noch die gleiche Faszination beim Besuch der wunderschönen Städte in der Wüste mit ihrer grandiosen Architektur und den freundlichen Menschen.
Ueber Silvester dann wieder volles Haus - gemütlich wars. Unsere Gäste und auch die sieben Gäste-Hunde haben sich alle bestens vertragen. Benji, meine alter Briard, hat da zwar manchmal ein bisschen den Ueberblick verloren, aber dafür hat Jalla von morgens bis abends mit allen gespielt und rannte am Schluss fast so schnell wie die Windhunde, obwohl sie doch nur ein junger Hirtenhund-Mischling ist.

Jetzt ist es wieder ganz ruhig im Mas Blanc. Wir warten auf den Winter - auch jetzt Ende Januar liegen die Tagestemperaturen bei 15 bis 20 Grad und das Gras auf den Pferdeweiden wächst immer noch. Die Pferde verlieren schon ihr Winterfell und Mandeln, Mimosen und Lilien blühen. So ganz trau ich der Sache aber doch nicht - wir hatten auch schon mal Schnee und Eis im März….
Ab 19. März kommen dann schon wieder die ersten Gäste, Anmeldungen bekomme ich schon wieder fast täglich und die Saison-Planung läuft auf Hochtouren.

Ute, die seit einigen Jahren das Reiten übernommen hat, meint, dass sie 2016 zwar sehr gerne noch einmal mit Euch die Camargue zu Pferd erlebt, aber dass dann auch die Zeit kommt, wo sie es gerne ein bisschen ruhiger angehen würde. Ich habe jetzt seit einiger Zeit versucht, hier jemanden zu finden, der ein toller Reiter ist, junge Pferde ausbilden kann, Gästen, die oft Anfänger sind, das Vertrauen zum Pferd gibt, und allen die Camargue von ihrer schönsten Seite zeigen möchte - das war dann wohl ein bisschen viel verlangt. Und dazu sollte dieser jemand auch noch absolut zuverlässig, pünktlich und mindestens fast immer guter Laune sein - halt so wie Ute….
Inzwischen muss ich mir eingestehen, dass ich wohl niemanden finden werde, der das Reiten ganz nach meinen Wünschen übernehmen wird. Und Kompromisse kann ich mir (zumindest was die Pferde angeht) nicht vorstellen. Darum ist jetzt die Entscheidung gefallen:
wir bieten 2016 nochmal das Reitprogramm an, allerdings nicht mehr die Pauschalwochen, sondern nur noch einzelne Ausritte. Den Tagesritt am Meer werde ich auch nicht mehr für alle Wochen mit unseren Pferden garantieren, aber gerne gebe ich Euch die Adressen von Freunden in Les Saintes Maries de la Mer, die jederzeit Tagesritte am Meer anbieten. Dafür werden wir versuchen, bei den Ausritten in der Umgebung des Hofs, so weit wie möglich auf die Wünsche unserer Reiter und ´Möchte-Gern-Reiter` einzugehen. Und ab 2017 werden dann meine älteren Pferde (von denen es in der Zwischenzeit je sehr viele gibt) in die wohlverdiente Rente gehen und sich auf den Weiden rund ums Haus einen gemütlichen Lebensabend gönnen dürfen - gekrault und gehätschelt von den Hausgästen, die uns (so hoffe ich ganz fest) die Treue auch halten werden, wenn wir keine eigenen Ausritte mehr anbieten. Für die Youngsters und einige der jüngeren Reitpferde werde ich auf Ende Saison gute Plätze suchen - wenn Ihr oder Eure Freunde in der nächsten Zeit einen hübschen Spanier oder Camarguais sucht, für den Ihr einen Platz in einer netten Pferdegruppe habt, kommt doch mal schauen. Zwei Jungpferde, Bolero und Cabri, haben diesen Winter schon neue Besitzer bekommen. Zwei richtige Camargue-Gardians wollen aus ihnen tolle Stierpferde machen. Die ersten Rückmeldungen waren positif. Beide hatten schon die ersten Male einen Sattel und Reiter auf dem Rücken und haben sich willig und freundlich angestellt - mal schauen, wie es dann mit den Stieren weitergeht??
Eliane, meine Köchin, hat Ende Oktober mit Freunden und ihrer Familie ihren 70. Geburtstag im Mas gefeiert. Aber auch für die kommende Saison möchte sie wieder ein bis zwei Abende pro Woche bei uns mitarbeiten und Euch mit provencalischen Spezialitäten verwöhnen. Celia wird auch diese Saison das Haus in Ordnung halten und Richard hilft überall mit, wo Not am Manne ist (jetzt versucht er gerade mit der Motorsäge Maulbeerbäume, Pinien, Zedern und Pampasgras daran zu hindern, das Mas Blanc ganz zu überwuchern) -  schön, dass ich auf so zuverlässige Mitarbeiter zählen kann. Unsere Ferienhelfer haben sich auch ganz toll geschlagen. Für 2016 suche ich auch wieder Helfer, die für ein paar Wochen hier mit uns arbeiten und leben möchten - wenn Ihr Euch das vorstellen könnt, meldet Euch doch.

Schön, war es wieder mit Euch allen. Und so schön ich die ruhigen Winterwochen finde, ich könnte mir ein Leben ohne Gäste gar nicht vorstellen. Dazu macht es mir einfach viel zu viel Freude, für Euch zu kochen, mit Euch über Gott und die Welt, über die Camargue und Pferde, Stiere und Flamingos zu plaudern. Dass Jalla, mein wilder junger Briard-Border-Colley, nach spätestens drei Tagen ohne Gäste oder Besuch depressiv wird und mir in ihrer Verzweiflung Massen von Stöckchen, Riesenbaumästen und Pinienzapfen vor die Füsse legt, über die ich regelmässig stolpere, und dazu meinen alten Hundeherrn Benji zur Verzweiflung bringt, ist natürlich auch ein wichtiger Grund, weiter Gäste hier zu haben - alleine schaffen Benji und ich es einfach nicht, sie den ganzen Tag zu beschäftigen.
Euch allen wünsche ich Gesundheit, Freude und Freunde und viel Sonne für 2016.
Alles Liebe und vielleicht auf bald
Sylvia